Dorothea Schüle

Dorothea Schüle

Über Dorothea Schüle Biografie

EXPRESSIVE METAPHERN EINES LEBENSGEFÜHLS 
 
Das Bemühen, WELT abzubilden, zu erklären, zu begreifen und vor allem – zu feiern! - zieht sich durch die Malerei der Jahrhunderte. In unserer Zeit ist dieses Motivationsmodell in schwerem Wasser: Skepsis ist vorherrschend, Weltuntergang populärer als Weltgestaltung.  MalerInnen (schon diese Wortschöpfung zeigt, wie disparat unser Denken geworden ist, dass es solche Chiffren braucht, um sich zu rechtfertigen) haben deshalb ein großes Problem. Wer um des Malaktes willen malt, wer malt, weil dies seine Kommunikationsebene ist, muss sich Fragen gefallen lassen. Etwa: Wie ist Deine Weltsicht? Wo ist Deine Haltung erkennbar? Wie ist Deine Position zur herrschenden Klasse (in Politik und Ästhetik)? Was ist Deine Botschaft, Deine Motivation? Dass diese Fragen sämtlich in Sackgassen führen, wenn es um das Bild geht, haben wir in den eminent politisierten sechziger/siebziger Jahren des letzten Jahrhunderts erfahren. Die Namen der damals prägenden Künstler lesen sich heute wie Fremdworte, man kann sich mit wenig Geld ein Museum dieser Kunst zusammenkaufen.  Originellerweise sind aus dieser Zeit geblieben die Ästheten, denen es um gute Bilder ging, wie Georg Baselitz, Gerhard Richter, Konrad Klapheck, Lambert Maria Wintersberger. Der Rest ist Schweigen. 
 
Mit diesem Ballast, diesem riesigen Sack voller Erwartungen auf den Schultern, treten heute Künstler an, um das zu tun, was sie seit Menschengedenken getan haben, nämlich der Schönheit nachzuspüren oder der eigenen Existenz. Das mag im ersten Augenblick töricht oder platt klingen, trifft aber das Wesen der Malerei. Otto Dix, der unverdächtig ist, Dekoration gemalt zu haben, sagte in einem Gespräch über seine provokanten Bilder der zwanziger Jahre: „Das Motiv ist nur der Anlass, malen muss man können!“  So sehe ich auch die Landschaften und Stillleben Dorothea Schüles in diesem Kontext. Es geht ihr um die Chance, eigene Sehweisen und Vorlieben, eigene Ergriffenheit und lustvolles Experimentieren an einem selbst gesuchten Thema durchzudeklinieren. Eine höchst subjektive Herangehensweise, aber eine ehrliche und nachvollziehbare. In einer Zeit, in der uns die documenta lehrt, dass das Tafelbild der Vergangenheit angehört, ist es ja bereits wieder Avantgarde, ein gutes Seestück (oder Seh-stück) zu malen. Für Schüle wird ein Bild manifest in Licht und Farbe, in dieser Reihenfolge. Licht, weil sowohl atmosphärisches als auch sehphysiologisches Zusammenwirken eine Position fordert 
und die Farbe als Reaktion auf den Lichteinfall definiert werden kann. Aus einer solchen Haltung entstehen Interieurs, Landschaften und Stillleben im Wissen um den Reichtum impressionistischer Seh-Erfahrung. Dorothea Schüle hat auch von den Pointillisten der vorletzten Jahrhundertwende gelernt, aus den farbigen Versatzstücken einer isolierten Sehweise zu lernen, Mosaikstücke zu einem funktionierenden Ganzen zu formen. Da hat Sie auch viel von ihrem Lehrer Hermann-Josef Kuhna mitbekommen, der einer neuen Form eines oft abstrakten Pointillismus huldigt. Für die Malerin ist es wichtig, aus dem Kontext der Farben und Formen ein in sich stimmiges, logische Ganzes zu formen, dabei aber nicht die Erkennbarkeit zu verlieren. Aus einem solchen Blickwinkel sind ihre Bilder im besten Sinne „traditionell“, sie sind dennoch aufregend neu, weil sie weniger eine realistische Momentaufnahme anstrebt, sondern eine durchaus wohl durchdachte Komposition. Diesen Ansatz, von der Gesamtkomposition des Bildes über die geometrischen Beziehungen, den Bildaufbau, die Beziehungen von Licht und Gegenständen hinunter zu den Einzelelementen zu gelangen, durchziehen alle ihre Werke. 
 
In den Bildern der letzten Jahre, speziell der Landschaften aus 2017 vermittelt sich uns eine Tendenz zu immer größerer Leuchtkraft der Farben. Dies gelingt ihr, indem sie das, was schon immer ihre Qualität war - das spontane Malen großflächiger Bilder – mit einer neu gefunden Maltechnik koppelt. Ölfarbe und Eitempera dienen nun einem möglichst klaren Farbauftrag: während beim Vermischen auf der Palette Farben meist dunkler werden und Schmutzfarben fast unvermeidbar sind, erstrahlen ihre neuen Bilder in großer Helligkeit, weil die Suche nach der Farbskala direkter gelöst wird. Die lichtdurchfluteten Landschaften und Interieurs werden in ihrer Leichtigkeit transzendent in eigenartiger Weise. Wir überprüfen die Bilder anhand unserer eigenen Sehweisen und bemerken, wie Triviales festlich, unverwechselbar und des Festhaltens wert erscheint. 
 
Dorothea Schüle feiert in ihren neuen Bildern die Wirklichkeit unseres Seins, sie fordert den Betrachter auf, ganz im Sinne Schillers, die Schönheit als Gradmesser eigener Ästhetik und damit letztlich eigener Moral zu erkennen. Könnte es eine schönere Begründung, einen schöneren Anlass für ein Bild geben? 
 
Rudolf Bayer 

1970 geboren in Pforzheim

1990 Studium an der freien Kunstschule Stuttgart

1991-99 Studium an der Kunstakademie Münster

1993 1. Platz des Xaver-Fuhr-Preises

1995 Ernennung zur Meisterschülerin von Hermann-Josef

         Kuhna, Akademiestipendium Rom

2002 Stipendium des Glücksstadt Desination Managements

2003 Gaststipendium in der Villa Romana, Florenz

2007 Kaiserwerther Kunstpreis, Freunde der Künste

         Düsseldorf, Berlin, New York

2015 Stiftung Burg Kniephausen „West sieht Nord“

         Plein Air-Stipendium an der Küste

2017-18 Artist in residence, Schloss Freudental

2020 Inselmalerien Sylt

2021 Cité des Arts, Paris

 

Dorothea Schüle lebt und arbeitet in Düsseldorf